Knapsack-Treff
Eine Kneipe ist ein Ort für geselliges Beisammensein. Genau diese Funktion übernahm früher der „Knapsack-Treff“ im Feierabendhaus. Hier trafen sich Mitarbeiter*innen nach der Arbeit auf ein Getränk, ein Schnitzel oder Frikadellen mit Kartoffelsalat. Und vor allem: auf einen Schwatz über Gott und die Welt. Diesen „Knapsack-Treff“ hat der KnapsackSpiegel wiederbelebt – mit der Frage: Wie ist es, im Chemiepark jung zu sein? Zwei Auszubildende und ein junger Mitarbeiter plauderten an der Theke…
Ihr habt alle eure Ausbildung bei YNCORIS absolviert. Wie war euer erster Tag im Chemiepark?
Hombach: Den ersten Tag im Chemiepark fand ich überwältigend. Ich weiß noch genau, wie ich das erste Mail durch das Werkstor gegangen bin und diese riesigen Industrieanlagen gesehen habe … Wir sind damals in der Rhein-Erft Akademie gestartet und hatten eine Kennenlernfahrt, um uns Neulinge besser kennenzulernen. Das habt ihr heute auch noch, oder?
Lussem: Genau, wir waren in der Eifel. Das war spannend und auch anstrengend, denn wir haben zum Beispiel gemeinsam eine Brücke gebaut. Weil mein Bruder hier arbeitet und mein Onkel hier gearbeitet hat, war ich am ersten Tag recht entspannt.
Die ersten Tage drehten sich fast komplett um Sicherheitsunterweisungen.
Schwarz: Ich war sehr aufgeregt und dachte morgens: Oh je, was passiert denn jetzt? Ich fand’s dann toll, so viele neue verschiedene Leute zu treffen. An die vielen Unterweisungen erinnere ich mich auch noch.
Hombach:Wenn ihr gerade die Sicherheitsunterweisungen ansprecht: Das ist am Anfang ja schon sehr viel. Wie sicher fühlt ihr euch denn?
Schwarz: Wenn ich anfangs anderen erzählt habe, dass ich im Chemiepark arbeite, kamen schon Fragen, wie: Hast du nicht Angst, dass dort etwas in die Luft fliegt? Das typische Klischee eben. Es war zu Beginn auch für mich ein bisschen beängstigend, aber die vielen Sicherheitsmaßnahmen und die große Bedeutung, die das Thema Sicherheit hier hat, haben mich beruhigt.
Wann hattet ihr das Gefühl, Teil des Ganzen zu sein?
Schwarz: Ich hatte sofort das Gefühl, angenommen zu sein. Ganz gleich wo, mir wurde immer sofort weitergeholfen. Wenn ich konkret eine Person benennen müsste, die mir das Ankommen erleichtert hat, wäre das natürlich Dirk Borkenhagen (Anm. Red.: der Ausbildungsleiter). Er tut wirklich alles für uns. Zu ihm können wir immer gehen, wenn wir ein Problem oder Sorgen haben, und wissen, dass er alles vertraulich behandelt.
Hombach: Genauso habe ich das auch aus meiner Ausbildungszeit in Erinnerung. Er war nicht nur unsere disziplinarische Führungskraft, sondern auch die erste Bezugsperson und ganz wichtige Konstante, wenn man häufig die Abteilung wechselt.
Lussem: Ja, zu ihm können wir gehen, sollte etwas sein und er ist auch der Erste, der zu uns kommt, wenn’s irgendwo hakt. Er passt schon auch auf, dass wir alles richtig machen und nichts vergessen.
Trifft das Klischee heute eigentlich noch zu, dass Azubis die unbeliebten Tätigkeiten machen müssen?
Hombach: Als ich angefangen habe, war das tatsächlich noch öfter so – insbesondere im Handwerk. Da musste der Azubi aufräumen oder saubermachen – die typischen Arbeiten, auf die der Geselle keine Lust hatte. Aber das hat sich deutlich gewandelt.
Lussem: Ich bin erst kurz dabei, aber mir ist das bisher noch nicht passiert.
Schwarz: Ehrlich gesagt, ich hab durchaus schon den ganzen Tag Dokumente gescannt und sie irgendwo abgelegt. Ich spreche so etwas dann aber auch offen an. Schließlich muss ich auch lernen, komplexere Aufgaben selbst zu lösen.
Wer in den sozialen Medien unterwegs ist, gewinnt schnell den Eindruck, dass die Leistungsbereitschaft bei den Jüngeren immer mehr abnimmt und ihnen das Privatleben viel wichtiger ist. Was sagt ihr dazu?
Hombach: Ich denke, es geht weniger um Freizeit als um gut investierte Zeit. Mal ehrlich, wer macht schon mit Begeisterung monotone Arbeiten? Wenn ich etwas mache, das mir Spaß macht, bei dem ich das Gefühl habe, auch etwas bewirken zu können, dann geht die Zeit nicht nur schnell rum, sondern es steigt auch die Bereitschaft, mehr zu investieren. Gleichzeitig liegt es natürlich auch immer ein bisschen an einem selbst. Wenn man den Sinn auch in einer vermeintlich langweiligen oder uninteressanten Arbeit erkennt, steigt die Motivation und auch solche Tätigkeiten gehen schneller von der Hand.
Schwarz: Ich arbeite gerne und Work-Life-Balance ist mir wichtig. Aber das ist für mich kein Generationenthema, sondern ich glaube, die ganze Gesellschaft hat ihren Blick auf das Arbeitsleben geändert. Immer mehr Menschen wird bewusst, dass sie ihre Zeit sinnvoll nutzen möchten. Ein 14-Stunden-Tag ist kein Statussymbol. Ich betreue ab und zu Menschen im Altenheim – und selbst dort höre ich, dass sie weniger arbeiten und mehr leben würden, könnten sie die Uhr noch mal zurückdrehen.
Lussem: Für mich ist die Ausbildung das Beste, das mir bisher passiert ist, denn ich bin kein Fan von Schule. Deshalb bin ich immer sehr froh, morgens arbeiten gehen zu können. Ich habe auch den Eindruck, dass alle meine Azubi-Kollegen gerne mit dabei sind. Klar, die Motivation hängt auch mit Erfolgserlebnissen zusammen. Je mehr man davon hat, desto mehr Spaß macht die Arbeit. Bleiben sie aus, wird’s schwierig.
Hombach: Genau da kommt die persönliche Einstellung ins Spiel. Wir suchen in der Prüftechnik regelmäßig Auszubildende, aber ehrlich gesagt, ist es gar nicht so einfach, welche für uns zu gewinnen. Das Argument ist oft: „Da mach ich ja immer nur das Gleiche.“ Aber das stimmt so nicht. Es geht darum, dass alles sicher läuft, für die Menschen und in der Anlage. Gleichzeitig darum, die Chance zu bekommen, aktiv mitzuwirken, das eigene Arbeitsumfeld mitzugestalten und zu optimieren. Darum eigene Erfolgserlebnisse zu erzielen und letztendlich um das Gefühl, wirklich etwas bewegt zu haben.
Welchen Status hat ein*e Azubi? Fühlt ihr euch richtig gesehen?
Schwarz: Grundsätzlich erfahre ich viel Unterstützung. Aber es gibt auch Situationen, in denen ich denke oder auch einfordern muss: „Hej, Moment mal, ich lerne noch.“ Ich bin ja nicht automatisch eine SAP-Expertin, nur weil ich mit der digitalen Welt groß geworden bin. Da wünsche ich mir mehr Verständnis und weniger Urteil.
Hombach: Bei uns sind die Azubis vollwertige Mitglieder des Teams und wir wollen, dass sie verstehen, was wir in der Prüftechnik machen und warum das wichtig ist. Ich habe gelernt, dass es wichtig ist, gerade stillere Azubis aktiv anzusprechen und einzubeziehen. Was vielleicht lustlos wirkt, ist eigentlich eine Scheu nachzufragen oder sich einzubringen.
Lussem: Ich wünsch‘ mir Lehrer und Ausbilder, die nicht voraussetzen, dass wir schon alles können. Jetzt am Anfang gab schon ein paar Momente, in denen ich und sicher auch die anderen verunsichert waren. Da traut sich oft keiner nachzufragen. Aber ehrlich, als ich es dann gemacht habe, wurde es mir erklärt und der Lehrer hat später auch nochmal nachgefragt, ob wir alles verstanden haben.
Erlebt ihr Offenheit für neue Ideen?
Schwarz: Ja. Ideen werden gehört und umgesetzt.
Hombach: Ich finde es immer wieder toll, wenn Azubis mit eigenen Ideen auf mich zukommen und sagen: „Ich hab mir da was überlegt, vielleicht könnten wir das so optimieren?“ Da machen wir im Team oft große Augen! Wir schauen uns die Vorschläge gemeinsam an, prüfen, ob sie sich praktisch umsetzen lassen und falls mal etwas dagegenspricht, erklären wir genau, warum das so ist. Meist sind das Dinge, die ein Azubi einfach noch nicht wissen kann, aber gerade daraus entstehen oft richtig gute Gespräche und Lernmomente.
Die YNCORIS-Shirts scheinen auch bei den Azubis ein echter Renner zu sein.
Hombach: Unseren Mitarbeiter*innen wollen den Namen des Unternehmens tragen, das merken wir ganz deutlich. Deshalb haben sich auch alle gefreut, als es endlich Jacken und Kappen mit YNCORIS-Logo gab. Es hat ein bisschen gedauert, aber jetzt erhält jede/r neue Mitarbeiter*in direkt ein YNCORIS-Shirt.
Schwarz: Ja, wir bekommen immer die dunklen Poloshirts und ganz viele haben sie auch oft an.
Der Arbeitstitel für den KnapsackSpiegel 5/2025 war „Die jungen Wilden“. Seid ihr jung und wild?
Schwarz: Eine Frage der Interpretation. Ich glaube, ich bin jung und wild, also in meiner Freizeit. Ich will viel erleben. Auf den Beruf bezogen hätte ich das nicht so benannt.
Hombach: Unter dem Aspekt, dass du Dinge hinterfragst, Veränderungen anstößt und nicht einfach alles hinnimmst, würde ich schon sagen: Auch im Job bist du auf eine gute Art „jung und wild“. Für mich bedeutet das nämlich, Neugier und Mut zu haben, Dinge besser machen zu wollen. Wir verbringen schließlich einen großen Teil unseres Lebens bei der Arbeit – da möchte ich nicht einfach nur „funktionieren“, sondern mitgestalten. Und ja, manchmal muss man dabei vielleicht auch ein bisschen wild sein, um wirklich etwas zu bewegen.
Lussem: Ich bin eher der entspannte Typ. Aber ich möchte neue Dinge lernen, erkunden, Sachverhalte erfassen. Also: ein bisschen „wild“.