Kraftgeber: Der Mensch hinter dem eew-Kraftwerk

Kraftwerksleiter Bernd Schütz sagt „Tschüss“ – Für Knapsacker Verhältnisse war er mit zwei Jahren Dienstzeit nur kurz da, gab jedoch mit seinem persönlichen Engagement der EEW ein Gesicht. Im Interview mit der Redaktion gibt er spannende Einblicke über seine Zeit in Knapsack und wie es für ihn persönlich weitergeht.
Es gibt Chefs, die sind Kraftgeber, andere sind Nervtöter. Sie gelten als Energiegeber in Persona: stets gelassen, freundlich und zugewandt. Und dass bei Ihrem Arbeitspensum. Wie sah Ihr typischer Arbeitstag aus?
Start ist die Frühbesprechung: Wir diskutieren, wie der Vortag gelaufen ist, die Produktionszahlen, also wieviel Abfall wurde verbrannt, wieviel Strom- und Dampfwurde geliefert, Instandhaltungsthemen und was aktuell ansteht. Danach geht es für mich meist weiter in Besprechungen zu Projekten, Jahresrevision, Personal oder EEW-Strategien. Und dann sind da noch die vielen E-Mails, die abgearbeitet werden wollen.
Kraftwerksleiter klingt nach Schaltzentrale. Wie viel Zeit verbrachten Sie tatsächlich in der Anlage?
Am meisten in der Revision und bei Arbeitssicherheitsthemen. Wenn die Anlage im Regelbetrieb läuft, ist Kraftwerksleiter sein unspektakulär: Ich arbeite im Büro und schaue hin und wieder hinter die Kulissen unseres grauen Kastens. Das Daily-Business machen meine Abteilungsleiter Viktoria Zigankov und Michael Baumbach.
Worin bestand der Fokus Ihrer Arbeit?
Restrukturierung und strategische Entwicklung. Konkret bedeutet das für den Standort mehr Automatisierung und Digitalisierung. Das ist, was ich vorangetrieben habe. Der Roboterhund ist nur gekommen, weil ich ihn haben wollte.
Kraftwerksleiter – davon träumen sicher viele kleine Jungs. Wollten Sie das schon immer werden?
Eigentlich hatte ich früher ganz andere Pläne. Am Ende habe ich dann aber doch eine Ausbildung zum Mechaniker gemacht – heute nennt man das Industriemechaniker – später mit Fachabi Maschinenbau studiert. Nach dem Studium ging ich zur Umweltbehörde. Müllverbrennungsanlagen, Großkraftwerke, Krematorien, Abwasserkläranlagen habe ich umweltrechtlich betreut. Da entstand der Wunsch, die Seiten zu wechseln: Ich ging in die Wirtschaft, genauer genommen die Zementindustrie, zuerst in den Bereich Umwelt und Genehmigungen, dann weitere Positionen bis hin zum Werksleiter. Dann gab es die Chance, hier in Knapsack die Leitung des EBKW zu übernehmen. So schloss sich für mich der Kreis: Von der Behörde zum Technischen Geschäftsführer einer Müllverbrennung.
Müllverbrennung hatte früher ein schlechtes Image. Was unterscheidet die Anfänge der Technik zu heute?
Früher galt Müllverbrennung oft als Umweltsünder. Heute ist die Realität eine ganz andere: Die Technik hat sich massiv weiterentwickelt. Moderne Anlagen arbeiten hoch effizient, erfüllen strengste Umweltstandards und leisten einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung. Seit 2005 dürfen unbehandelte Siedlungsabfälle nicht mehr deponiert werden. Deshalb wird heute jedes Abfallstück geprüft – was recycelt werden kann, wird herausgeholt, der Rest thermisch verwertet. Das reduziert das Abfallvolumen um bis zu 70 Prozent und liefert gleichzeitig Strom und Wärme für tausende Haushalte.
Klimawandel und Kreislaufwirtschaft – Sie stehen an der Schnittstelle beider Themen. Wo sehen Sie die Abfallwirtschaft in 20 Jahren?
In 20 Jahren wird die Abfallwirtschaft anders aussehen: Recyclingquoten steigen weiter, Abfallströme nehmen ab. Dadurch werden weniger Verbrennungsanlagen gebraucht, viele Standorte werden sich spezialisieren müssen. Gleichzeitig wird der CO₂-Ausstoß teurer: Das deutsche Emissionshandelsgesetz (BEHG) geht in den europäischen Emissionshandel über. Wer thermisch verwertet, muss Zertifikate kaufen – das beeinflusst die Entsorgungskosten spürbar. Eine große Rolle wird die CO₂-Abscheidung spielen, aber hier fehlen noch klare politische Rahmenbedingungen. Die Technik existiert, die Nutzung des abgeschiedenen CO₂ steckt aber noch in den Anfängen.
Gibt es etwas, das Sie gerne noch umgesetzt hätten?
Es gibt immer Themen, die man weiter vorantreiben möchte – etwa die Modernisierung unserer Anlagen und Prozesse, um effizienter und nachhaltiger zu arbeiten. Gleichzeitig ist uns wichtig, unsere Mitarbeitenden mitzunehmen und ihre Entwicklung zu fördern. Denn nur mit einem gut aufgestellten Team können wir auch künftig wettbewerbsfähig bleiben.
Ihr Nachfolger tritt in große Fußstapfen. Welchen Rat geben Sie ihm mit auf den Weg?
Weitermachen! Tolle Anlage, toller Standort und viele Entwicklungsmöglichkeiten an denen er sich austoben kann.
Wenn Sie in 10 Jahren an Ihre Zeit in Knapsack zurückdenken – woran werden Sie sich zuerst erinnern?“
Die erste, die mich in Knapsack herzlich begrüßt hat, war Evelin Prekel. Ich werde mich immer gern an meine Sekretärin erinnern, die nun im wohlverdienten Ruhestand ist, und ihr unermüdliches Engagement, mich zu entlasten, wo es nur ging.