18. Juli 2025

Kühl mit Kunststoff

Ein Novum: Die neuen Zellen im Rückkühlsystem aus glasfaserverstärktem Kunststoff.

Seit kurzem besitzt das Rückkühlsystem im Hürther Blockfeld 22 drei neue Zellen. Das Besondere: Zum ersten Mal kam dabei glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) zum Einsatz. Bisher wurden die Rückkühlsysteme entweder aus Betonfertigteilen oder einer Holztragstruktur mit Betonbecken errichtet. Beide Werkstoffe waren hier jedoch keine Alternative. Im bisherigen Kühlturm aus Beton hatte salzige Atmosphäre im Laufe der Jahre die Betonbewehrung vor allem von außen angegriffen und damit die Stabilität des Systems gefährdet. Holz schied wegen der reduzierten Haltbarkeit heutiger Bauhölzer aus. Das Projektteam unter der Leitung von Carsten Charwath aus dem Bereich Standortbetrieb-Energietechnik von YNCORIS entschied sich daher für Kühlturmzellen komplett aus GFK, Verbindungen aus hochwertigem Edelstahl und eine Auffangtasse aus Beton. „Alle wichtigen, tragenden oder schwer zugänglichen Teile sind nun komplett korrosionsbeständig. Falls später einmal Schäden an der Betontasse auftreten sollten, sind diese direkt erkennbar und lassen sich einfach sanieren“, erklärt er. Weil bisher niemand bei YNCORIS Erfahrungen mit dem Einsatz des Werkstoffs in einer solchen Größenordnung hatte, schaute sich das Projektteam nicht nur den Hersteller und seine Rückkühlwerke genau an, sondern tauschte sich auch mit einem bekannten Unternehmen aus, das einen Kühlturm aus GFK betreibt. Charwath: „Alles spricht für das Material.“

Die Fakten

Das Rückkühlsystem ist essenziell für einen benachbarten Produktionsbetrieb. Mit einer Umwälzung von rund 2.000 Tonnen Wasser pro Stunde wird eine Kühlleistung von 24 Megawatt thermisch erreicht. Der neue Kühlturm verfügt über drei Zellen, die unabhängig voneinander betrieben werden können. „Im Winter, wenn es kalt ist, benötigen wir oft nur die Leistung von zwei Zellen“, so Charwath. „Dann können wir eine abstellen und sparen dadurch Energie. Auch eine Erweiterung um eine vierte Zelle wäre im Bedarfsfall möglich.“ Die neuen Kühlerzellen sind Teil eines Verbundsystems mit dem Holzkühlturm 2210 nebenan, sodass das Gesamtsystem über eine thermische Leistung von fast 40 Megawatt verfügt. Weil das Rückkühlsystem für den benachbarten Betrieb immer verfügbar sein muss, baute das Team das neue System neben dem alten auf. „Dadurch können wir die Bestandsanlagen aus Beton weiter nutzen und die Kühlwasserversorgung nach Fertigstellung innerhalb von Stunden umstellen, ohne dass der Betrieb unseres Kunden davon beeinflusst würde“, so Charwath.

Steiniger Weg

Eigentlich hätte das neue Kühlsystem schon längst in Betrieb sein sollen. Doch es kam anders: Zuerst verstarb Volkhard Pieper, ein erfahrener und hochgeschätzter Kollege, der das Projekt bis dahin unterstützt hatte. „Das hat uns alle persönlich schwer getroffen“, sagt Charwath. „Gleichzeitig fehlte uns nun die Erfahrung mit einem solchen Projekt.“ Kaum hatten sich die Kollegen eingearbeitet, ging die Muttergesellschaft des Kühlturmbauers in Insolvenz. Dadurch musste auch die Tochter möglichst schnell einen neuen Investor finden. „Das hat uns mindestens drei Monate Bauzeit gekostet – und jede Menge Nerven“, sagt Charwath. Denn der Erd- und Tiefbau für das Becken, der Bau des Kühlturms und der Rohrleitungen, alles war voneinander abhängig und ließ sich nicht einfach verschieben. Doch durch vereinte Kräfte gelang es den Beteiligten, das Projekt sicher und erfolgreich zu Ende zu führen.